Der Look by Sophia Bennett

Autor:Sophia Bennett
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carlsen Verlag, Hamburg
veröffentlicht: 2013-08-13T16:00:00+00:00

3UND20

Er sieht aus, als hätte er Hunger auf ein Blatt Salat«, sagt Daisy nachdenklich.

Frisch aus Deutschland zurück, ist sie vorbeigekommen, um sich mein neues Haarteil anzusehen. Sie muss zugeben, dass man es kaum sieht, wenn ich es trage. Aber wenn das Ding auf der Kommode liegt, könnte man es glatt mit einem Langhaarmeerschweinchen verwechseln, behauptet sie.

»Kannst du es nicht wegräumen?«

»Ich kann es aufsetzen«, sage ich.

»Nein. Mir gefällt deine Glatze. Du siehst aus wie Sinéad O’Connor. Wenn sie ›Nothing Compares 2 U‹ von Prince singt. Kennst du das Video? Es ist unglaublich. Das musst du unbedingt sehen.«

Bei Daisy endet jedes Gespräch bei Musik. Sie ist nicht im Geringsten an meinen Modelgeschichten interessiert. Sie sagt zwar nicht laut, dass sie mich gewarnt hätte, aber sie gibt es mir telepathisch zu verstehen. Dann erzählt sie stundenlang vom Konzert ihres Vaters in Düsseldorf und wie sehr ihr in Deutschland Marmite gefehlt hat. Eigentlich ist sie froh, dass sie zurück ist und ihr normales Leben wiederhat.

Im Gegensatz zu mir. Vielleicht sehe ich noch so aus wie früher – zumindest mit dem Bieber auf dem Kopf –, aber ich fühle mich anders. Ich habe das Bedürfnis, durch uralte Landschaften zu streifen und mein Königreich zu regieren, und es ist eine Tatsache, dass ich unter dem Bieber eine Glatze habe. Wenn das rauskommt – was würden sie in der Schule dazu sagen?

Wenn ich eines bei den ewigen, hoffnungslosen Castings gelernt habe, dann, dass du den Kopf hochhalten und weitermachen musst. Deshalb versuche ich trotz meiner Nervosität so zu tun, als wäre nichts passiert, als ich am ersten Schultag ins Klassenzimmer komme. Und das Seltsame ist – es funktioniert. Ganz gleich, was ich im Sommer alles erlebt habe, niemand scheint mir etwas anzumerken.

Im Grunde habe ich das Cally Harvest zu verdanken. Sie hat sich in den Ferien auf Mallorca unter dem Einfluss von zu viel Alkopops Dean Daniels Initialen in den Nacken tätowieren lassen. Die ganze Klasse zerreißt sich das Maul darüber. Dean findet es super. Ich persönlich bin nicht überzeugt, ob es eine gute Idee war. Wenn es mit Dean nicht klappt, muss sie für den Rest ihres Lebens Rollkragenpullover tragen. Oder die Auswahl ihrer zukünftigen Freunde ist ziemlich eingeschränkt.

Doch schon nach ein paar Stunden in der Schule ist alles wieder so wie immer. Das letzte Fach ist Kunst, worauf ich mich gefreut habe. Miss Jenkins will sehen, wie wir im Sommer mit unseren Projekten vorangekommen sind, und ich kann es kaum abwarten, ihr mein Werk zu zeigen. Als ich dran bin, präsentiere ich mit großer Geste meine Obst-Zeichnungen.

»Wirklich, Ted? Das ist alles?«, fragt sie. Ihr Mangel an Begeisterung grenzt an Enttäuschung.

»Ich habe mir solche Mühe gegeben!«, protestiere ich. Stundenlang habe ich die Schatten schraffiert.

»Aber hast du dir auch etwas dabei gedacht? Welche Künstler haben dich inspiriert? Ach, Ted – das Manga-Porträt, das du letztes Jahr von Daisy gezeichnet hast, war wirklich gut. Es hat sowohl ihre Sanftheit als auch ihre Kanten herausgebracht. Ich hatte mehr von dir erwartet … etwas, das origineller ist.«

Ich beiße mir auf die Lippe.

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